CFD Margin

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Was ist CFD Margin und wie funktioniert sie?

Ich habe den Eindruck, dass sich um die Margin und den sogenannten Margin Call oft ein dicker Schleier der Unsicherheit legt. 

Die Margin ist eine Hinterlegungssumme. Ein Gedanke zurück in die Schulzeit in den Englischunterricht hilft uns weiter. »To margin« bedeutet in der deutschen Übersetzung »begrenzen«.

Durch die Margin wird zum einen die Summe begrenzt, die man als Kapital für sein Handelsgeschäft aufbringen muss. Stellen wir uns vor, wir möchten für 10.000 Euro Daimler-Aktien kaufen. Wenn die Margin 10 Prozent beträgt, benötigen wir lediglich 1.000 Euro, um dieses Geschäft abschließen zu können.

Beispielhafte Kapital-Zusammensetzung einer CFD-Order bei einem Ordervolumen von 10.000 Euro und einem Hebel von 10

(Bild: Beispielhafte Kapital-Zusammensetzung einer CFD-Order bei einem Ordervolumen von 10.000 Euro und einem Hebel von 10)

Der Rest der Summe wird durch unseren Broker »finanziert«. Es handelt sich hierbei also faktisch um ein Kreditgeschäft.

Wichtig! Die Höhe der Margin ist nicht automatisch Ihr Maximalverlust! Die Margin ist variabel und hängt von der Entwicklung des CFD ab.

Aus dem obigen Beispiel: Sinkt der Wert der CFD-Position von 10.000 Euro auf 9.000 Euro, dann sinkt auch die Margin-Anforderung auf 900 Euro. Steigt der CFD auf 11.000 Euro, dann steigt die Margin-Anforderung auf 1.100 Euro.

Margin Call

Der Margin Call ist die andere Seite des Begrenzens im Verb »to margin«. Dieser ist gefürchtet.

Hierunter versteht man den mehr oder weniger dezenten Hinweis des Brokers, dass die Bar-Deckung Ihres Depots nicht ausreicht, um alle offenen Positionen bedienen zu können. Ihr Depot ist unterkapitalisiert und benötigt dringend frisches Geld. Ab welchem Level Ihr Broker sich bei Ihnen melden wird und welche Folgen an den Margin Call geknüpft sind, hängt stark von Ihrem Broker ab.

Je nach Broker ist eine Konsequenz aus dem Margin Call, dass die Position, die sich gegen Sie entwickelt hat, geschlossen wird, wenn diesem Konto nicht schnellstens neues Kapital zugeführt wird. Dies ist die andere Seite der Begrenzung. Eine Verlustbegrenzung, die der Broker ausübt, um das Risiko für sich – nicht für Sie! – zu begrenzen. Denn wenn der Margin Call kommt, leidet Ihr Konto schon Not.

Ein Beispiel. Sie haben ein kapitalisiertes Konto mit 1.000 Euro. Sie möchten eine CFD-Position auf den DAX eröffnen. Bei einem DAX-CFD entspricht in der Regel ein Punkt im Basiswert, also dem DAX, ein Euro je CFD-Kontrakt.

Nehmen wir einen DAX-Punkte-Stand von 10.000 Punkten an und eine Margin-Anforderung von 2 Prozent. Dies bedeutet, dass Sie je DAX-CFD 200 Euro Margin bei Ihrem Broker hinterlegen müssen.

Ein DAX-CFD Kontrakt bei einem Punktestand von 10.000 Punkten und einer Margin-Anfor- derung von 2 Prozent, also einem Hebel von 50

(Bild: Ein DAX-CFD Kontrakt bei einem Punktestand von 10.000 Punkten und einer Margin-Anfor- derung von 2 Prozent, also einem Hebel von 50)

Da 200 Euro Margin bei einem 1.000-Euro-Konto doch recht wenig erscheinen, entschließen Sie sich, vier Positionen auf steigende Kurse zu eröffnen. Das macht dann eine Gesamt-Margin von 800 Euro.

Vier DAX CFD-Kontrakte bei einem Punktestand von 10.000 Punkten und einem Euro je DAX-Punkt, Hebel 50

(Bild: Vier DAX CFD-Kontrakte bei einem Punktestand von 10.000 Punkten und einem Euro je DAX-Punkt, Hebel 50)

Nun kommt eine unerwartete Meldung, die den DAX um 250 Punkte fallen lässt. Dies liegt im Bereich des Realistischen und bedeutet ein Minus von 2,5 Prozent. Das kann der DAX schon einmal an einem Tag machen.

Was bedeutet dies nun für Ihre vier CFD-Kontrakte? Diese vier CFD-Kontrakte sind mit dieser Abwärtsbewegung um 1.000 Euro gefallen. Ihr Konto somit auf 0 Euro, und Sie hätten nicht mehr die nötige Deckung, um die Margin zu bedienen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt käme der Margin Call Ihres Brokers. Der Broker würde von Ihnen schnellstens neues Kapital einfordern, oder er würde Ihr Konto schließen. Wann der Margin Call kommt, hängt vom Broker ab. Ob bei Erreichen einer 70-Prozent-Schwelle oder einer 80-Prozent-Schwelle des Kapitals. Sprich: wenn 70 Prozent oder 80 Prozent Ihres zur Verfügung stehenden Kapitals für die Margin geblockt sind.

Der Margin Call wird zum Beispiel bei Erreichen einer 70-Prozent- oder 80-Pro- zent-Schwelle des frei verfügbaren Kapitals ausgelöst

(Bild: Der Margin Call wird zum Beispiel bei Erreichen einer 70-Prozent- oder 80-Prozent-Schwelle des frei verfügbaren Kapitals ausgelöst)

Sie sehen aber an dem obigen Beispiel, wenn zum Beispiel der DAX einmal in Fahrt ist, ob nach oben oder nach unten, kann es ganz schnell gehen, dass es bei einem kleinen Konto zum Margin Call kommt. Oft bleibt dann nicht mehr die Zeit, das Konto mit neuem Kapital zu bestücken. Denken Sie daran, wie lange eine Überweisung braucht, bis sie Ihrem Trading-Konto gutgeschrieben wird!

Die Verpflichtung zum Margin Call beziehungsweise zum Schließen notleidender Positionen entspringt den Gepflogenheiten aus dem Bankgeschäft. So sind zum Beispiel Risikovorstände von Banken angewiesen dafür Sorge zu tragen dass notleidende Positionen geschlossen werden, damit den Aktionären der Bank hieraus kein Schaden entsteht. Auch in anderen Bereichen entspricht es dem üblichen Umgang, unter dem Stichpunkt der Schadensminderungspflicht, dass »schiefgelaufene« Geschäfte geschlossen werden.

Nachschusspflicht

Nachschusspflicht bedeutet, frisches Kapital auf das Trading-Konto/Depot einzahlen zu müssen. Stellen Sie sich das so vor, dass sich die Position gegen Sie entwickelt hat und tief in den roten Zahlen steckt. Dies kann unter Umständen mehr sein, als Sie ursprünglich auf Ihr Konto einbezahlt haben. Fällt die Position nun unter den Depotwert, dann greift die Nachschusspflicht.

Die Nachschusspflicht hängt wieder von der Ausgestaltung Ihres Broker-Vertrags ab. Es mag Broker geben, die aufgrund der Kreditlinie des Kunden die Position bei Erreichen eines negativen Depotwertes nicht sofort schließen, sondern weiterlaufen lassen und den Kunden bitten, die aufgelaufene Negativsumme auszugleichen.

Zu einem überwiegenden Teil betrifft die Nachschusspflicht jedoch die Fälle, in denen die Position ins Minus gerauscht ist und trotz Schließen der Position durch den Broker ein Negativsaldo auf dem Trading-Konto entstanden ist. Diesen gilt es dann auszugleichen.

Das heißt, dass Sie mit CFDs durchaus mehr verlieren können, als Sie auf Ihr Trading-Konto einbezahlt haben.

In irgendeiner Art und Weise ist eine Nachschusspflicht fast immer in den AGB der Broker vorhanden. Hier lohnt sich ein Blick ins Kleingedruckte.

Auch würde ich mich nicht blindlings auf die immer häufiger angebotenen garantierten Stopps verlassen, sondern hierbei genau in den AGB nachlesen, unter welchen Bedingungen diese greifen.

Bisher hielt man die Nachschusspflicht für etwas eher Theoretisches, da die Broker im größten Teil der Fälle die Position geschlossen haben, bevor das Konto in den roten Bereich rutschte. Allein aus Selbstschutz. Denn es ist für die Broker oft schwierig, an ihr Geld zu kommen, wenn ein Trading-Konto erst einmal einen Negativ-Saldo ausweist. Daher konnte man sich eigentlich fast darauf verlassen, dass auf den Margin Call die Schließung der Position folgte. Am 15. Januar 2015 bekamen jedoch viele Trader, die im Schweizer Franken investiert waren, die harte Realität der Nachschusspflicht zu spüren.

Ein praktisches Beispiel

Am 15. Januar 2015 hob die Schweizer Nationalbank die im September 2011 festgesetzte Bindung des Schweizer Franken an den Euro auf. Damals legte die Schweizer Nationalbank eine Euro-Kurs-Untergrenze fest. Seit dieser Zeit kam es aus Furcht vor einem Zusammenbrechen der Euro-Zone zu massiven Zuflüssen in den Schweizer Franken. Der Franken gilt, neben anderen Währungen, als sogenannte Safe-Haven-Währung, also eine Art sicherer Hafen für die Anleger.

Der damit verbundene starke Franken (in Bezug auf den Euro) wurde für die Schweizer Wirtschaft problematisch, da sich die Exporte der Schweiz in den EU-Raum verteuerten.

Noch am 5. Januar 2015 bezeichnete der Schweizerische-Nationalbank-Präsident Thomas Jordan in einem Fernsehinterview die Euro-Kurs-Untergrenze als »absolut zentral, um eben adäquate, richtige monetäre Bedingungen für die Schweiz aufrechtzuerhalten«.

Die dann am 15. Januar 2015 erfolgte Aufhebung des Mindestkurses kam für viele Marktteilnehmer überraschend. Sowohl auf der Kunden- als auch auf der Broker-Seite. Der Kurs des Euro zum Schweizer Franken fiel binnen Sekunden. Teilweise gab es Kursnotierungen um 0,84 Franken (von zuvor über 1,20 Franken).

Für viele Kunden, die im Franken investiert waren, bedeutete dies, dass das hinterlegte Kapital (Margin) nicht mehr ausreichte, um den Verlust in diesem Geschäft zu decken. Der Verlust, den die Kunden mit der offenen Position hatten, war größer als das Kapital auf ihrem Trading-Konto.

Dies führte dazu, dass das Konto vom Broker geschlossen wurde und der Broker noch Geld vom Kunden verlangte. Die Hongkong-Branch des Brokers FXCM berichtete, dass ihre Kunden (Kleinanleger) Verluste von 225 Millionen Dollar gemacht hätten.

Die Internetseite des Brokers Alpari war am nächsten Tag nicht mehr zu erreichen.

Der seit langem am Markt agierende Broker Alpari (UK) Limited war insolvent. Begründet wurde dies mit den ausstehenden Verbindlichkeiten der Kunden, die durch die Geschäfte im Franken Geld verloren hatten. Diese Forderungen wurden an den Broker weitergeleitet. Die Positionen waren wohl so groß, dass der Broker diese nicht stemmen konnte und damit zahlungsunfähig wurde.

Alpari war auch ein großer Anbieter von CFDs. Unter anderem auch von Währungs-CFDs. Schauen wir uns an, was passiert ist.

Nehmen wir an, der Kunde des Brokers hat sein CFD-Konto mit 1.000 Euro kapitalisiert. Auf die meisten Währungs-CFDs gab es eine Margin-Anforderung von 0,5 Prozent, also einen Hebel von 200.

Nehmen wir an, der Währungs-CFD hat eine Größe von 10.000 Einheiten. Beim Währungspaar EUR/CHF bedeutet dies, dass Sie mit diesem CFD 10.000 Euro Volumen bewegen. Um es leichter rechnen zu können, nehmen wir den Kurs EUR/CHF von 1,20 CHF an. Dies entspricht dann einem Kontrakt-Volumen von 12.000 Schweizer Franken. Für diese Position müsste der Trader dann 50 Euro Margin hinterlegen.

Eigentlich ist dies ja eine tolle Sache, denn mit 1.000 Euro auf dem Trading-Konto und nur 50 Euro Sicherheitsleistung (Margin) könnte man theoretisch 20 dieser Kontrakte kaufen.

Um es einfach zu gestalten, bleiben wir jedoch bei diesem einen Kontrakt.

Legen wir weitere Eckdaten fest. Die Tickgröße beim Forex-CFD ist üblicherweise (für das Währungspaar EUR/CHF) die vierte Nachkommastelle. Der Tickwert liegt bei einem Franken je Tick.

Eckdaten:
Kontogröße: Kapitalisiert mit 1.000 Euro
Produkt: Forex-CFD
Markt: EUR/CHF
Kontraktgröße 10.000 (Mini-Lot)
Tickgröße 1 Pip (4. Nachkommastelle)
Tickwert 1 Schweizer Franken je Tick
Margin-Anforderung 0,5 % 50 Euro
Long: Bei 1,20 Franken
Close: Bei 1,00 Franken

Stellen wir uns vor, wir wären long in einem CFD auf das Währungspaar EUR/CHF. Die Position hätten wir bei 1,20 Franken eröffnet. Dann kommt die Nachricht, dass die Bindung des Franken an den Euro aufgehoben wurde. Binnen Sekunden bricht der Markt ein. Viele Broker konnten keine Kurse mehr stellen. Zum Teil brach der Kurs um mehr als 28 Prozent ein. So massive Kursbewegungen lassen bei einem Broker und im Interbankenmarkt sämtliche Alarmglocken klingeln. Der Handel kam zum Teil zum Erliegen. Es gab Kursnotierungen zum Teil von 0,86 Franken. Es war turbulent!

Jetzt haben wir festgehalten, dass der Tickwert das Pip ist, also die vierte Nachkommastelle. Der Euro ist von über 1,20 Franken auf zum Teil unter 0,90 Franken gefallen. Viele Trader wurden erst bei 0,90 Franken glattgestellt. Dies ist eine Bewegung von 3.000 Pip binnen weniger Sekunden.

Der Einfachheit halber haben wir in unserem Rechenbeispiel angenommen, dass wir zu einem Preis von 1,00 Franken glattgestellt worden wären. Die Gründe für das Glattstellen der Position ergeben sich gleich.

Unsere Long-Position haben wir bei 1,2000 Franken eröffnet. Das Schließen der Position erfolgte bei 1,0000 Franken. Das ist eine Bewegung von 2.000 Pip (es wird die vierte Nachkommastelle gezählt.)

Den Tickwert haben wir mit einem Franken festgehalten. Dies bedeutet, dass wir mit dieser Position einen Verlust von 2.000 Pip, also 2.000 Franken, gemacht haben. Da die Parität zwischen Franken und Euro mit dieser Kursbewegung hergestellt war, also der Franken genauso viel wert war wie der Euro, bedeutete dies auch einen Verlust von 2.000 Euro.

Und Sie sehen, warum ich meinte, dass der Grund für das Schließen der Position unerheblich war. In der Regel dürfte es egal gewesen sein, ob Sie einen Stopp gesetzt haben oder nicht. Die Marktbewegung nach unten war so schnell, dass bei vielen Kunden der Preis, zu dem der Stopp ausgeführt wurde, unter einem Franken lag. Denn vergessen Sie nicht, wie ein Stopp funktioniert. Ein Stopp ist lediglich ein Trigger. Dies bedeutet, dass die Erfüllung des Trigger-Moments für das Auslösen des Stopps sorgt. Ausgeführt wird erst mit dem nächsten Kurs. Selbst wenn ich meinen Stopp knapp unter die 1,2000 gesetzt hätte, hätte dies lediglich dazu geführt, dass der Trigger-Moment ausgelöst wurde. Da die Bewegung jedoch so rasant nach unten ging und der nächste gestellte Kurs erst bei einem Franken lag, wurde der Stopp erst mit diesem Preis ausgeführt.

Schematische Darstellung Stopp als Trigger-Moment

(Bild: Schematische Darstellung Stopp als Trigger-Moment)

Die Reihenfolge ist so: Der Stopp gilt als Trigger-Moment, ausgeführt wird zum nächstmöglichen Kurs. Werden zwischen Auslösen des Triggers und den 1,0000 Franken keine Kurse gestellt, ist der nächste Kurs, zu dem ausgeführt wird, eben 1,0000 Franken.

Sie sehen, die eine kleine Position, bei der ich mit meinem 1.000-Euro-Konto lediglich 50 Euro Margin hinterlegen musste, führte dazu, dass das Konto platt war und ich dem Broker noch 1.000 Euro schuldete. Stellen Sie sich vor, was passiert wäre, wenn Sie von den theoretisch möglichen 20 Positionen wirklich fünf ausgenutzt hätten. Sie dachten, dass Sie mit fünf Positionen, was 200 Euro Margin bedeutete, bei einem 1.000-Euro-Konto auf der sicheren Seite gelegen hätten. Sicher gibt es an der Börse nicht! Aus Ihrem 1.000-Euro-Trading-Konto wäre so schnell eine 9.000-Euro-Verbindlichkeit gegenüber Ihrem Broker geworden. Sie sehen also, dass nicht alles, was möglich ist, auch sinnvoll ist. Wenn Ihnen der Broker die lange Leine gibt, ist es nicht unbedingt sinnvoll, diese auch auszunutzen!

Zugegeben, dies war ein so noch nicht dagewesener Börsentsunami. Die Aktion der Schweizer Nationalbank kam für viele Marktteilnehmer überraschend. Jetzt spielen Sie aber das ganze Spiel mal aus Sicht eines Brokers durch. Nehmen Sie an, der Broker ist der Auffassung, der Großteil seiner Kunden läge eh immer auf der falschen Seite, und sichert daher seine Positionen nicht ab. Dies bedeutet, dass er nicht aus dem Risiko herausgeht, sich neutral stellt, die Position behält und gegen den Kunden wettet. Liegen nun die Kunden aber auf der richtigen Seite und waren short positioniert, dann bedeutet das, dass der Broker in Schwierigkeiten gerät. Denn eine Kursbewegung von 2.000 Pip dürfte nicht in der Kalkulation des Brokers enthalten sein. Dies ist aber reine Theorie, denn wir werden selten erfahren, wie viele Positionen gegen den Broker gelaufen sind.

Dieses Ereignis hat wieder gezeigt, dass es auch für die Broker wichtig ist, im Risiko- und Money-Management gut aufgestellt zu sein. Schon am Tag nach dem Ereignis gingen die ersten Pleiten durch die Presse. Andere Broker schickten schnell »Beruhigungs-Mails« heraus, um den Kunden zu zeigen, dass sie gut aufgestellt waren und gut durch diese »Krise« schifften. Aber eine Reaktion kam von vielen Brokern prompt: Sie haben die Margin-Anforderungen erhöht. Bei vielen Brokern wurde der zu han- delnde Hebel von 1 : 100 oder gar 1 : 200 auf 1 : 50 herabgesetzt. Dies entspricht einer Margin-Anforderung von 2 Prozent. Dies ist eine vernünftige Entscheidung der Broker. Nicht nur zum Eigenschutz, sondern auch für den Kunden ist es sinnvoll. Denn die Frage, die sich jeder stellen sollte, ist, warum der Retail-Kunde immer mit größerem Risiko am Markt investiert sein muss als der institutionelle Kunde.

Wie sieht das jetzt mit der Nachschusspflicht tatsächlich in der Praxis aus? Viel kann man dazu nach aktuellem Stand noch nicht sagen, denn viele Informationen sind noch nicht öffentlich. Dass hierbei viel »Offizielles« an die Öffentlichkeit gerät, ist auch nicht zu erwarten. Denn dass die Broker wirklich großflächig vor Gericht ziehen werden, halte ich für unwahrscheinlich. Der Imageschaden wäre einfach zu groß. Denn dann würde auch die Frage diskutiert werden müssen, ob der abgerechnete Kurs, zu dem die Konten geschlossen waren, überhaupt tragfähig ist.

Es soll Broker geben, die negative Konten, schon am 15.01.2015 ohne weiteres glattgestellt haben. Die Kunden hatten somit keine Nachschusspflicht. Dies bedeutet aber nicht, dass die Kunden ihr Trading-Kapital zurückerhalten hätten! Es bedeutet lediglich, dass zu dem schon vorhandenen Verlust des Trading-Kapitals keine weitere Forderung hinzukommt.

Andere Broker dagegen griffen hart durch und forderten, mit einer Frist von sieben Tagen die offenen Negativ-Konten auszugleichen.

Ein sehr großer amerikanischer Retail-Broker konnte nur mit einer Finanzspritze in Höhe von 300 Millionen US-Dollar überleben. Dieser Broker hatte damit geworben, dass es bei ihm keine Nachschusspflicht gäbe. Auf der Internetseite des Brokers ist zu lesen »Eine der größten Befürchtungen von Tradern ist, dass durch den Hebel entstehende unkontrollierbare Verluste in offenen Forderungen gegenüber dem Broker enden. Beim Handel mit (…) ist der Verlust auf das eingezahlte Kapital begrenzt.« Dem wiederum widersprechen die AGB des Brokers. Dort ist zu lesen »Gewinngarantien oder Garantien der Verlustfreiheit (sind) im Investmentbanking unmöglich … Der Kunde akzeptiert, dass er keine solchen Garantien oder ähnliche Zusicherungen vom Unternehmen … erhalten hat.« Auch hier wird es spannend, wie diese Geschichte ausgeht. In der Regel sichern sich die Broker durch die Geschäftsbedingungen ab. Wenn Sie nicht lesen, was dort steht, können Sie nicht behaupten, dass Sie es nicht wussten!

Oft merke ich bei den Seminaren, dass die Trader unbedacht und ohne Studium der Geschäftsgrundlage die Vereinbarung mit dem Broker unterzeichnen. Steht dagegen der Kauf eines neuen Fernsehers oder einer Waschmaschine an, dann werden Internetforen und -seiten durchstöbert, es werden Testberichte gelesen, Freunde und Bekannte gefragt und ein großer Aufwand betrieben, um das richtige Gerät zu wählen. Eine Brokervereinbarung scheint man aber einfach so zu unterzeichnen.

Fazit

Am 15. Januar 2015 löste die Schweizer Nationalbank die Bindung des Franken an den Euro auf. Diese Meldung brachte eine Kursbewegung in den Währungen zum Franken, speziell zum EUR/CHF, von mehr als 3.000 Pip mit sich. Dies führte dazu, dass viele Trader von der einen auf die andere Sekunde notleidende Konten besaßen. Schon am nächsten Tag wurden einige Broker insolvent. Die schwarzen Schwäne ereilen uns immer wieder. 09/11, Fukushima, Covid oder zuletzt der Krieg in der Ukraine.

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